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Wie wähle ich die richtige Eingewöhnung für die Betreuung meines Kindes?

  • Autorenbild: Fernando Rueda
    Fernando Rueda
  • 23. Feb.
  • 3 Min. Lesezeit

Die Entscheidung für eine Betreuung ist ein bedeutsamer Schritt im Leben eines Kindes und seiner Familie. Der Begriff "Eingewöhnung" impliziert eine einseitige Anpassung an eine neue Umgebung, doch neurobiologische und bindungsorientierte Überlegungen zeigen, dass es sich vielmehr um einen fein abgestimmten Prozess der Regulation handelt. Ein gelingender Übergang ist nicht nur von der Zeitdauer abhängig, sondern vor allem von der individuellen biologischen und emotionalen Reife des Kindes sowie der Qualität der neuen Bindungsbeziehung.

Beziehungsaufbau als Grundlage

Bevor eine gelungene Eingewöhnung stattfinden kann, ist es dringend notwendig, zuerst eine tragfähige Beziehung auf der Erwachsenenebene aufzubauen. Getragen von der Qualität dieser Beziehung kann dann gegenseitiges Vertrauen durch ein tieferes Verstehen entstehen. Dadurch werden die Stresssysteme der Eltern beruhigt, und diese emotionale Sicherheit überträgt sich auf das Kind. Erst wenn die Eltern Vertrauen zur Betreuungsperson entwickelt haben, kann die eigentliche Bindungsarbeit zwischen Betreuer und Kind beginnen. Dabei müssen nicht nur die Bedürfnisse des Kindes, sondern auch die der Eltern im Eingewöhnungsprozess gleichermaßen berücksichtigt werden. Ein sicherer und vertrauensvoller Übergang kann nur gelingen, wenn sich auch die Eltern in der neuen Betreuungssituation wohlfühlen und emotional stabil sind. Ihr Stressniveau beeinflusst direkt das Sicherheitsempfinden des Kindes.

Phasen der Regulation

Ein stabiler Übergang in die Betreuung basiert auf der sukzessiven Entwicklung von Selbstregulationsfähigkeiten, die in verschiedene Phasen unterteilt werden können:

1.     Distanz-Näheregulierung zu den primären Bezugspersonen Das Kind benötigt anfangs enge Begleitung durch die Eltern, um in einem neuen Umfeld Sicherheit zu empfinden. Eine fein abgestimmte präsente Begleitung, die auf die Signale des Kindes reagiert, ist essenziell. Die Betreuungsperson sollte in dieser Phase vorrangig Kontakt zu den Eltern aufbauen, um Vertrauen zu schaffen.

2.     Stabilisierung der Stressachse Eine behutsame Verlängerung der Trennungszeiten kann erst erfolgen, wenn das Kind lernt, mit der neuen Situation umzugehen, ohne in anhaltende Stressreaktionen zu geraten. Ebenso muss darauf geachtet werden, dass auch die Eltern in diesem Prozess Sicherheit gewinnen. Die körperlichen Reaktionen (z. B. erhöhte Cortisolwerte) zeigen an, ob das Kind in der Lage ist, sich in der neuen Umgebung emotional zu regulieren.

3.     Stärkung der Bindungsverhaltensweisen zur sekundären Bezugsperson Bindung geschieht nicht über Zeit, sondern über wiederholte Erfahrungen von Sicherheit. Erst wenn das Kind erlebt, dass die neue Bezugsperson auf seine Bedürfnisse eingeht, beginnt eine neue Bindung zu entstehen. Dazu gehören Reaktionen auf Weinen, Trostsignale und fein abgestimmte Interaktionen.

4.     Stärkung der Rhythmisierung des Stoffwechsels Damit sich das Kind in der Betreuung wohl fühlt, muss es eine gewisse Stabilität in seinen körperlichen Prozessen wie Hunger, Verdauung und Schlafen entwickelt haben. Kinder, die noch stark auf das Stillen oder spezifische Rituale angewiesen sind, benötigen mehr Zeit, da ihre physiologischen Prozesse eng mit den primären Bezugspersonen verknüpft sind.

5.     Stabilisierung des autonomen Schlafens Der Mittagsschlaf ist oft eine kritische Phase in der Betreuung. Kinder, die in der neuen Umgebung nicht schlafen können, zeigen oft, dass ihnen noch Sicherheit und Bindung zur Betreuungsperson fehlen. Die Vorbereitung darauf sollte nicht erst in der Betreuung stattfinden, sondern idealerweise schon durch schrittweise Anbindung an einen neuen Schlafrhythmus zu Hause begleitet werden.

Was bedeutet das für die Wahl der richtigen Eingewöhnung?

  • Individuelle Anpassung: Eine starre Eingewöhnungszeit nach Schema F wird der individuellen Entwicklung des Kindes nicht gerecht. Eltern sollten darauf achten, dass das Betreuungskonzept sich nach den Bedürfnissen des Kindes richtet.

  • Bindungsorientierte Betreuungspersonen: Die Betreuenden sollten ein Verständnis für die physiologischen und emotionalen Anpassungsprozesse des Kindes haben und feinfühlig auf dessen Bedürfnisse eingehen.

  • Berücksichtigung der Elternbedürfnisse: Die emotionale Stabilität der Eltern ist ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Eingewöhnung. Eine Betreuung, die aktiv darauf eingeht, wird den Übergang für das Kind erheblich erleichtern.

  • Begleitete Trennung: Eltern sollten sich bewusst sein, dass eine abrupte Trennung zu negativen Stressreaktionen führen kann, die langfristig das Bindungsverhalten beeinträchtigen.

  • Rhythmisierung zu Hause und in der Betreuung: Ein abgestimmter Tagesablauf zwischen Betreuung und Zuhause unterstützt das Kind dabei, sich sicher zu fühlen.

Die Entscheidung für eine Betreuung sollte daher nicht nur auf strukturelle Faktoren wie Öffnungszeiten oder Gruppengröße basieren, sondern vor allem auf der Qualität der Bindungsbeziehung und der individuellen Entwicklung des Kindes. Eine sanfte und fein abgestimmte Eingewöhnung ermöglicht nicht nur einen sicheren Start in die Betreuung, sondern legt den Grundstein für eine positive soziale Entwicklung und emotionale Sicherheit.

 
 
 

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